Tagebuch
/Hallo, ich bin Björn und meine MS-Geschichte begann damals mit diesem unscheinbaren Beitrag auf Facebook.
Unscheinbar nur auf den ersten Blick, denn was dieser Post zusammengefasst hat, war die 2. Sehnerventzündung meines Lebens. Und die Besuche beim Augenarzt, Neurologen, Radiologen, mit der zurückbleibenden Ungewissheit.
In meiner Erinnerung stellt sich meine erste MS-Zeit immer recht locker dar, das Schlimmste, an was ich mich da erinnere, war die Lumbalpunktion mit der ersten und schlimmsten Migräne, die ich erleiden musste, im Anschluss.
Und wenn ich jetzt aus der Zeit erzähle, ist es auch nicht gelogen, oder absichtlich beschönigt, es ist nur nicht mehr ganz authentisch, da ich jetzt nur noch den Blick von außen habe und die menschliche Psyche Erinnerungen verändert oder auch gerne mal ausselektiert.
Zum Glück gibt es Tagebücher. Zu meinem Unglück gehöre ich nicht dem tagebuchschreibenden Teil der Gesellschaft an. Und so verbleibt es bei meinen Erinnerungen an die damalige Zeit.
Dachte ich zumindest. Denn statt in alten Tagebüchern zu blättern, bin ich in meinem Mail-Archiv gelandet und über ganz vergessene Zeilen gestolpert.
Vor der Diagnose war alles anders, ich würde nicht sagen, dass ich glücklich war, oder unglücklich, es war einfach anders. Damals habe ich auch einige Mail-Freundschaften gepflegt. Aus der letzten auslaufenden Freundschaft entstammen die Mails in diesem Blog-Eintrag.
Ich habe nie Antworten erhalten.
In meiner Erinnerung hat es mit der Nervenwasser-Untersuchung gar nicht so lange gedauert. Ich weiß noch, wie mir der Neurologe das Ergebnis mitgeteilt hat und mir dann einen Monat Bedenkzeit eingeräumt hat, ob ich mir jede Woche eine Spritze oder drei Spritzen geben möchte.
Ich mochte es natürlich gar nicht, schon als Kind waren es die reinsten Krawall-Marathons, wenn mir ein Arzt eine Spritze geben sollte. Das hat sich zum Glück irgendwann gelegt, aber jetzt sollte ich es sogar selbst machen? Natürlich hab ich mich für die Variante mit einer Spritze entschieden.
Eine Spritze zu viel! Mir wurde es zweimal gezeigt, beim dritten Mal habe ich es dann unter Aufsicht selber hin bekommen, ab der vierten war ich auf mich allein gestellt.
Eine heroische Erinnerung ist es zwar nicht, die jetzt folgt, aber zumindest war ich felsenfest der Meinung, dass ich es zumindest im ersten Jahr ganz gut hin bekommen habe.
So war es aber nicht. 2015 habe ich mich in psychotherapeutische Behandlung begeben und wir sind einer Angstkurve auf die Spur gekommen, die sich massiv auf meine Lebensqualität und Alltag auswirkt.
Diese Angskurve habe ich bereits 5 Jahre vorher in einer Mail beschrieben.
Wir haben und fast zwei Jahre Mails geschrieben, gemeinsam geträumt und über das Leben ausgetauscht.
Fast fünf Jahre hat es noch gedauert, bis ich mir hab helfen lassen.
Und danach wurde wieder alles anders.
Björn